Schreiblust & -frust

Schreiblust & -frust

Schreiblust erleben und behalten, Schreibfrust in Schreiblust verwandeln und bewahren und an alle, die schon immer etwas über das Schreiben wissen wollten!

Fragen Sie einmal ein Kind im Vorschulalter, was es in der Schule lernen möchte und es wird Ihnen in der Regel antworten: Lesen und Schreiben. Für viele Kinder ist die Aussicht auf das Erlernen des Schreibens etwas Bedeutungsvolles und wird entsprechend mit großer Erwartung ersehnt. Gedanken lassen sich festhalten, Wünsche niederschreiben und einfache Gedächtnisstützen zu Papier bringen; schon einem Kind ist es durchaus bewusst, dass es sich mittels des geschriebenen Wortes mitteilen kann.
Diese erste Vorfreude, die Lust des Schreibens erleben zu dürfen endet für viele Kinder in der Schule häufig in einer Sackgasse der Frustration. Ernste Bemühungen des Kindes werden abgetan oder belächelt; Ehrgeiz ausgebremst mit unnötigen Nachspur – Übungen und falsche Hilfestellungen gegeben oder richtige unterlassen. Ein Kind mit negativen Schreiberfahrungen wird die anfänglich verspürte Vorfreude durch Frustration ersetzen und unbewusst durch schlechte schulische Leistungen quittieren. Sein Schriftbild wird schlecht, das heißt unleserlich und unsauber. Seine Rechtschreibung ist fehlerhaft und dem Kind wird eventuell eine Lese- und Rechtschreibschwäche unterstellt. Diktate werden von ihm mangelhaft geschrieben, weil das Kind mit dem Schreibtempo nicht mehr mitkommt. Aufsätze fallen kurz aus und Zusammenhänge sind im Text nur schwerlich zu erkennen. Nun ist es von größter Bedeutung Ursache und Wirkung zu erkennen! Verhält mein Kind sich so, weil es mangelnde Lernfähigkeiten mitbringt oder weil es sich nur verweigert?

Grundsätzlich einmal ein klares Nein.

Vielmehr ist zunächst einmal danach zu fragen, welche Voraussetzungen bedarf es, um eine Handschrift zu erlernen? Lapidar könnte der Befragte antworten: „Eine Hand, einen Stift und Papier.“
Das Erlernen des Schreibens erfordert vielmehr. Nehmen wir einmal einen Patienten nach einem Schlaganfall, dessen rechte Körperhälfte nun krankheitsbedingt gelähmt ist. Jeder Betrachter wird einsehen, dass dieser Mensch sich mit dem Schreiben mittels seiner rechten Hand schwer tut beziehungsweise es unter Umständen überhaupt nicht mehr ausüben kann.

Dieses Beispiel soll zeigen, dass es von essentieller Bedeutung ist, ob mein Kind die feinmotorische Fähigkeit mitbringt, die das handschriftliche Schreiben verlangt. Daneben bedarf es ein paar weiterer Aspekte, die von entscheidender Bedeutung sind und nicht außer acht gelassen werden dürfen. Der Stift ist nicht nur ein einfaches Hilfsmittel mit dessen Gebrauch der Schreiber seine Gedanken zu Papier bringen kann, sondern ein nicht zu unterschätzendes Werkzeug! Es steht sicher außer Frage, das sich zum Beispiel eine simple Telefonnummer oder eine ein Satz Mitteilung mit jedem ex-beliebigen Stift zur Notiz werden lassen; anders sieht es hingegen aus, wenn ein längerer Text per Hand unverkrampft und entspannt niedergeschrieben werden soll.
So wie sich die Individualität des Schreibers für jeden Betrachter sichtbar in dessen Handschrift widerspiegelt verfügt jede Persönlichkeit über ein eigenes Schreibverhalten; das oftmals bedingt ist, durch dessen körperliche, aber auch „materiellen“ Voraussetzungen.

Die körperlichen Voraussetzungen muss ich als gegeben annehmen; die „materiellen“ Bedingungen kann ich größtenteils optimieren. Soll der Stift meinen Anforderungen genügen, muss ich wissen, dass es entscheidende und zu beachtende Unterschiede gibt in Stiftstärke, -gewicht und -schwerpunkt beim Schreiben. Jeder hat schon einmal mit einem Stift geschrieben, der für ihn zu dünn oder im entgegengesetzten Fall zu dick oder gar zu schwer bzw. zu leicht war und so zu einer verkrampften Hand geführt hat; oder im simpelsten Fall zu einer misslungenen Unterschrift. Ein falscher Stift, – das heißt ein Stift, der für den Schreiber und seiner körperlichen Voraussetzungen nicht geeignet ist- führt zwangsläufig zu einer Stiftfehlhaltung! Eine Stiftfehlhaltung, die sich in jungen Jahren manifestiert wird – ohne Korrektur- bis ins hohe Alter beibehalten.

Schwach ausgeprägte Fehlhaltungen werden leicht übersehen, extreme hingegen lösen beim Betrachter oftmals großes Erstaunen aus, das sich mitunter die Fragestellung ergibt, wie ein derartiges Schreiben möglich ist, ohne ein ernsthaftes Verrenken der Finger zu verhindern. Während der eine ein leichtes Schmunzeln unterdrücken muss, wird die Qual auf der Seite des Schreibers übersehen. Eine leichthin vorgebrachte Erklärung, diese Stiftfehlhaltung sei lediglich Ausdruck der Individualität des Schreibers, zeigt beim näheren Hinsehen oder Nachfragen, dass längere Texte von ihm nicht geschrieben werden können, ohne körperliche Probleme zu bekommen, die ihm das Schreiben schnell verleiden. Eine falsche Stifthaltung führt zur Verkrampfung der Muskulatur in der Hand, dem Arm bis hin zur Nackenmuskulatur; das Schriftbild wird unleserlich und unsauber; darüber hinaus klagt der Schreiber kurz über lang über Kopfschmerzen.

Nun dürfte es jedem zwangsläufig schnell klar werden, dass sich der Schreiber unter solchen Voraussetzungen möglichst kurz hält bzw. sich bei längeren Texten oder gar Diktaten kaum auf die richtige Rechtschreibung konzentrieren kann, sondern seine ganze Aufmerksamkeit dem Vorgang des Schreibens selbst widmet. Bestätigt werden solche Aussagen, wenn der Schreiber tatsächlich in der Lage ist, Wörter verbal richtig zu buchstabieren, jedoch lediglich bei der non-verbalen Wiedergabe patzt. Hier konzentriert sich der Proband nur auf das Wort und nicht auf den Kampf mit dem Stift und seiner richtigen Haltung.

Eine ähnliche Auswirkung – wie der Gebrauch eines falschen Stiftes – kommen zu Tage, wenn die Hilfsmittel Tisch und Stuhl nicht „ individuell“ angepasst worden sind. Ein Tisch an oder ein Stuhl auf dem ein Erwachsener Mensch optimal sitzt, wird ein Kind vor erhebliche Probleme stellen. Jeder Erwachsene, der schon einmal in einem Kindergarten oder in der Grundschule an einem Kinderplatz sitzen durfte und dort auch noch etwas niederschreiben musste, wird nachvollziehen können wie außerordentlich wichtig der richtige Schreibplatz ist. Passe ich nun das Schreibmaterial: Stift, Stuhl, Tisch den körperlichen Gegebenheiten des Kindes an erlange ich ein optimales Schreib- und Lern -Ergebnis.

Bis vor circa 30 Jahren gab es noch den Tornister für jedes Kind. Heutzutage legen ein Großteil der Eltern Wert auf einen individuell auf das Kind abgestimmten Tornister. Körpergröße und -bau bzw. gewicht sind entscheidende Kaufargumente. Dieser Tornister dient dann maximal 5 Jahren und wird ausrangiert. Tisch, Stuhl und Stifte werden nicht extra angeschafft, sondern vorhandenes Material genutzt. Aber gerade hier kann ich als Elternteil etwas unternehmen, um entspanntes und effektives Lernen zu fördert, Spannung und Kreativität beim Lernen aufrecht zu erhalten.